Rollstuhlrugby – Teamsport im Rollstuhl

Was ist Rollstuhlrubgy? Was sind die wichtigsten Regeln im Rollstuhlrugby? Warum ist Rollstuhlrugby einmalig? Was unterscheidet Rollstuhlrugby von anderen Parasportarten?

Rollstuhlrugby ist ein Teamsport. Aufgrund seiner Eigenschaften ist Rugby im Rollstuhl ein einzigartiger Sport, denn es ist der einzige Kontaktsport im Behindertensport.

Auf dieser Seite beantworten wir euch die wichtigsten Fragen zum Rollstuhlrugby und stellen euch unseren Sport vor. Mit seinen Regeln, seinen Eigenschaften und den wichtigsten Infos und Fakten

EM 2023 in Cardiff: Die deutsche Nationalmannschaft schwört sich vor Spielbeginn im Teamkreis ein.

Das ist die Sitemap für diese Seite:

EM 2023 in Cardiff: Die deutschen Nationalspieler Josco Wilke (M.) und Marco Herbst (r.) im Spiel gegen den amtierenden Paralympicssieger Großbritannien im Halbfinale der EM.

Was ist Rollstuhlrugby?

Worum geht es beim Rollstuhlrugby? Was ist Ziel des Spiels, wie messen sich gegnerische Teams miteinander? Welche Eigenheiten hat Rollstuhlrugby, die ihn von jedem anderen Sport und Parasport unterscheiden? 

EM 2023 in Cardiff: Die deutsche Nationalspioelerin Britta Kripke (M.) blockt im EM-Halbfinale gegen Großbritannien einen gegnerischen Spieler.

Die wichtigsten Regeln beim Rollstuhlrugby

Rollstuhlrugby basiert auf einem umfangreichen Regelwerk. Dieses legt die Regeln für die verwendeten Rollstühle über die Klassifizierung der Spieler bis hin zu erlaubten und unerlaubten Spielsituationen fest.

EM 2023 in Cardiff: Impressionen von der Europameisterschaft in Wales im Mai 2023. - Der Schiedsrichter nimmt den Ball für einen Einwurf auf.

Was brauche ich für ein Rollstuhlrugby-Spiel?

Neben zwei Teams, einem Ball und Rugby-Rollstühlen braucht es für ein Rollstuhlrugby-Spiel noch einiges mehr. Unter anderem  Schiedsrichter, ein Spielfeld und mehrere Uhren.   

Was ist Rollstuhlrugby?

Die wichtigsten Eigenschaften des Rollstuhlrugbys:

Rollstuhlrugby hat sich in den vergangenen Jahren zu einer der spektakulärsten Sportarten der Paralympischen Spiele entwickelt und zeichnet sich durch gleich mehrere Besonderheiten aus: 

  • Es ist die einzige Parasportart, in der direkter Kontakt mit den Sportrollstühlen nicht nur erlaubt, sondern gar erwünscht ist. Das heißt – es knallt und scheppert, was den Sport unglaublich attraktiv und sehenswert macht. Denn in jeder Spielsekunde passiert etwas.

  • Spielerinnen und Spieler spielen in der gleichen Mannschaft. Rollstuhlrugby wird nicht aufgeteilt in Frauen- und Männerteams.

  •  Die Mischung aus Körpereinsatz, Action und Athletik auf der einen, sowie Taktik auf der anderen Seite sorgt dafür, dass dieser Sport alles andere als einfach zu spielen ist und jedes Spiel auf’s Neue spannend und unvorhersehbar ist.
  • Spielberechtigt sind beim Rollstuhlrugby Athleten, die an mindestens drei Gliedmaßen (Arme, Beine) eingeschränkt sind. 

  • Jede Spielerin, jeder Spieler unterläuft einem Klassifizierungssystem, bei der er/sie eine Klassifizierung erhält. Diese legt den Grad der Einschränkungen fest. Ziel des Klassifizierungssystem ist eine so fair wie mögliche Einstufung der sportlichen Fähigkeiten der Athleten. Die Klassifizierungen werden von 0.5 bis 3.5 gerankt. Lowpointer mit Klassifizierungen von 0.5 bis 1.5 haben die stärksten Einschränkungen, Midpointer mit 2.0 und 2.5 Punkten haben mittelstarke Einschränkungen, Highpointer mit 3.0 oder 3.5 Punkten haben im Vergleich die geringsten Einschränkungen und die größten körperlichen Fähigkeiten trotz ihrer Behinderung. Insgesamt dürfen in einem Spiel auf dem Spielfeld die vier Spieler einer Mannschaft zusammengerechnet maximal 8.0 Punkte haben – Frauen erhalten in der Regel auf ihre Klassifizierung einen sogenannten “Frauenbonus” von -0.5 Punkten. 

Ein Spiel hat beim Rollstuhlrugby eine Spielzeit von 4×8 Minuten. Bei jeder Spielunterbrechung wird die Spielzeit angehalten. Gespielt wird Rollstuhlrugby in der Regel indoor, in einer Sporthalle. Der Grund: Die Beschaffenheit und äußere (Witterungs-)Einflüsse auf Außenanlagen beeinträchtigen die Spielfeldfläche und damit die Spielabläufe im Rollstuhlsport zu stark. Outdoor-Spiele finden daher in der Regel nicht statt. Das Spielfeld hat die Maße eines Basketballfeldes, 28×15 Meter.

In der Halbzeit, also nach den ersten beiden gespielten Vierteln, wird die Spielrichtung gewechselt. Das heißt: in den ersten beiden Vierteln spielt jedes Team auf die Torlinie gegenüber ihrer Wechselbank, in den letzten beiden Vierteln spielen die Teams jeweils auf die Torlinie direkt neben ihrer Wechselbank. 

Jedes Team besteht aus vier Spielern – männlich und weiblich – sowie Wechselspielern. 

Ziel beim Rollstuhlrugby ist es, beim Abpfiff ein Tor mehr als das gegnerische Team gemacht zu haben. Es gibt kein Unentschieden-Ergebnis. Bei Gleichstand nach Ende der Spielzeit, gibt es eine Verlängerung von drei Minuten. Herrscht auch nach dieser Gleichstand, geht das Spiel solange erneut in eine Verlängerung, bis es eine Entscheidung gibt. Tore werden erzielt, indem der Spielball im sogenannten “sicheren Besitz” über die Torlinie gebracht wird. D.h. – der Ball kann nicht über die Torlinie geworfen werden, sondern er muss von einem Spieler, einer Spielerin über die Torlinie gefahren werden. Zum Beispiel auf dem Schoß liegend, in den Händen haltend, am Stuhl oder über dem Kopf haltend u.ä. – manche Spieler sind dabei sehr kreativ, zumindest wenn sie in der Torzone nicht in Bedrängnis sind.

Die Torzone, der “Key“, ist ein Bereich des Spielfelds, der sich jeweils an der Torlinie (“Try Line”) auf den beiden kurzen Seiten des Spielfelds befindet. Er ist 8×1,75 Meter groß, in diesem Bereich gelten für die Spieler besondere Regeln. Der Grund: Der “Key” ist der Bereich des Spielfeldes, in dem die Tore erzielt werden. Alle Maße für ein Rollstuhlrugby-Spielfeld findet ihr in der nachfolgenden Graphik aufbereitet.

Das Spielfeld beim Rollstuhlrugby – Maße und Zonen:

Das Spielfeld beim Rollstuhlrugby: Maße, Zonen, Spielfeldaufteilung. (Quelle: WWR)
Das Spielfeld beim Rollstuhlrugby: Maße, Zonen, Spielfeldaufteilung. (Quelle: WWR)

Die wichtigsten Regeln beim Rollstuhlrugby:

Rollstuhlrugby wird nach einem komplexen Regelwerk gespielt. Das Regelwerk, die “International rules for the sport of Wheelchair Rugby“, wird vom Weltverband “World Wheelchair Rugby” (WWR) festgelegt.

Grundsprache im Rollstuhlrugby ist Englisch. Die Kommunikation zwischen Schiedsrichtern und Teams auf dem Spielfeld findet daher ebenfalls auf Englisch statt. Auch in Deutschland – und allen anderen Ländern weltweit, in denen Rollstuhlrugby gespielt wird. Begrifflichkeiten orientieren sich dabei am Fußgänger-Rubgy (“Try” für Tor, “Post” für Torbegrenzungen, …). 

Rugby-Rollstuhl

Beim Rollstuhlrugby wird mit speziell angefertigten Rugby-Rollstühlen gespielt. Diese müssen in ihren Maßen den Vorgaben im Regelwerk entsprechen. Oberste Priorität ist zudem, dass kein Rugby-Stuhl Verletzungsgefahr für andere Spieler bergen darf. Ein Rugby-Stuhl kostet mehrere tausend Euro, durchschnittlich zwischen 8.000 und 12.000 Euro. 

Rollstuhlrugby-Ball

Rollstuhlrugby wird mit einem Ball, ähnlich einem Volleyball gespielt. Anders als reguläre Volleybälle weisen Spielbälle im Rollstuhlrugby jedoch eine spezielle Beschichtung auf. Diese ermöglicht den Spielern einen besseren Grip (Haftung).

Rollstuhlrugby-Teams

Auf dem Spielfeld stehen sich jeweils vier Spieler gegenüber, Frauen und Männer spielen im gleichen Team. Die vier Spieler dürfen zusammengezählt maximal 8.0 Klassifizierungspunkte aufweisen. Teams können auch unterpunktiert (also mit weniger als 8.0 Punkten) spielen, niemals aber mit mehr als 8.0 Punkten. 

EM 2023 in Cardiff: Spielunterbrechnung beim EM-Spiel zwischen Deutschland und Großbritannien. Zu sehen ist der Spielball der Partie.

Spielzeit & Shotclock

Ein Rollstuhlrugby-Spiel dauert 4×8 Minuten Spielzeit. Gespielt werden vier Viertel. Bei jeder Spielunterbrechung (“toter Ball”, z.B. nach einem Tor oder Foulspiel) wird die Spieluhr angehalten. Nach WWR-Regeln wird zudem mit einer Shotclock (“40-Sekunden-Uhr”) gespielt. Sie zeigt die verbleibende Angriffszeit der offensiven Mannschaft an – jeder Angriff muss nach spätestens 40 Sekunden abgeschlossen sein. 

Grundregeln

Das Spiel beginnt mit einem Tip-Off, bei dem je ein Spieler jedes Teams im Mittelkreis um den ersten Ballbesitz kämpft. Unterschieden wird zwischen Rückfeld und Vorfeld – die  angreifende Mannschaft muss sich nach spätestens 12 Sekunden aus dem Rückfeld (der Spielhälfte der gegnerischen Torzone) ins Vorfeld (Spielhälfte mit der eigenen Torzone) gespielt haben. Der oder die ballführende Spieler:in muss den Ball spätestens alle zehn Sekunden dribbeln. 

Fouls & Violations

Als Kontaktsport ist nur der gegenseitige Kontakt der Rugby-Stühle erlaubt, nicht aber Körperkontakt zwischen den Spielern. Geahndet werden unter anderem Fouls und Verstöße gegen Zeitmanagement, unsportliches Spiel, Körperkontakt oder auch z.B. irreguläres Verlassen des Spielfelds. Das Regelwerk definiert jedes mögliche Foul detailliert. Bei Regelverstößen kommt es in der Regel zum Ballbesitzwechsel (“Turnover”) oder zu Zeitstrafen für Spieler:innen. 

Was brauche ich für ein Rollstuhlrugby-Spiel?

Neben zwei Teams, einem Ball und Rugby-Rollstühlen braucht es für ein Rollstuhlrugby-Spiel noch einiges mehr. Unter anderem  Schiedsrichter, ein Spielfeld und mehrere Uhren.

WM 2022 in Vejle: Spiel der deutschen Rollstuhlrugby-Nationalmannschaft gegen Neuseeland.

Schiedsrichter beim Rollstuhlrugby

Ein Rollstuhlrugby-Spiel wird von zwei Feld-Schiedsrichtern und mehreren Tisch-Schiedsrichtern geleitet. In der Regel unterstützen drei bis vier “Table-Officials” die Feldschiedsrichter. Sie sind verantwortlich für die Bedienung der Spieluhr, die Bedienung der sogenannten Shot-Clock (“40-Sekunden-Uhr”), das Erfassen und Schreiben des Scoresheets (Spielbogen, mit dem unter anderem alle erzielten Tore erfasst werden – der Scoresheet ist das amtliche Dokument zur Erfassung des Spielergebnisses) sowie des Penalty-Sheets (auf diesem werden die während eines Spiels verhangenen “Penalties”, also Zeitstrafen, sowie Regelverstöße zum “Contact before the Whistle” erfasst). 

Rollstuhlrugby-Impressionen: Mit solch einer Spieluhr wird die Spielzeit im Rollstuhlrugby erfasst und gemanaged.

Spieluhren beim Rollstuhlrugby

Ein Rollstuhlrugby-Spiel unterliegt einem strikten Zeitmanagement. Die Spieluhr (Foto) und die Shot-Clock (“40-Sekunden-Uhr”) geben dabei den Rahmen vor, in dem sich die Teams bewegen. Die Spieluhr erfasst die erzielten Tore beider Teams, die verbleibende Spielzeit, die Zahl der bereits absolvierten Spielviertel sowie den “Possession Arrow” (welche Mannschaft hat in Sonderfällen, z.B. nach einem Heldball oder bei Anpfiff des nächsten Spielviertels, den nächsten Ballbesitz). 

EM 2022 in Paris: Blick in die Halle Carpentier in Paris, wo die Rollstuhlrugby-EM im Februar 2022 stattfand.

Spielfeld beim Rollstuhlrugby

Ein Rollstuhlrugby-Spielfeld hat die Maße von 28×15 Metern. Es verfügt über Mittellinie und Mittelkreis sowie zwei Torzonen (“Keys”), die sich an der “End-Line” befinden. Der “Key” wird auf der “Try-Line” begrenzt von zwei “Posts”, die die Torbegrenzung darstellt. Zwischen den Wechselbänken der beiden Teams befindet sich der Tisch der “Table-Officials”, die die Feldschiedsrichter bei der Organisation von Spielzeit und Scoresheet unterstützen. Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich jeweils eine Penalty-Box für jede Mannschaft. In dieser sitzen Spieler eine Zeitstrafe ab, wenn die Schiedsrichter eine solche verhängen. 

EM 2022 in Paris: Impressionen vom Equipment der deutschen Rollstuhlrugby-Nationalmannschaft, zu sehen sind die speziellen Rugby-Sportstühle.

Equipment beim Rollstuhlrugby

Jeder Spieler, jede Spielerin tüftelt sich im Laufe der Zeit aus, welches Equipment ihn oder sie im Spiel am besten unterstützt. Jeder Stuhl wird für den oder die Spielerin nach Vermessung maßgenau angefertigt. Hinzu kommen als mögliches Equipment Bauchgurt und/oder Beingurte sowie Fußgurte, die für eine feste Fixierung im Stuhl sorgen. Handschuhe und Armlinge schützen Hände und Arme vor Verletzungen. Tape gehört zur Grundausstattung eines jeden Spielers, jeder Spielerin.

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